Diese Staaten werden um Milliarden geprellt
Zwischen 500 und 700 Milliarden Dollar haben US-Konzerne im Jahr 2012 am Fiskus vorbeigeschleust. Durch Steuertricks und Gewinnverschiebungen fügen die international tätigen Firmen den G20-Staaten (und nicht nur diesen) einen erheblichen finanziellen Schaden zu. Das geht aus einer aktuellen Studie der Hilfsorganisation Oxfam in Zusammenarbeit mit anderen Entwicklungsorganisationen und dem internationalen Gewerkschaftsverband PSI hervor.

Clevere Gewinnverschiebung
Für die Konzerne ist es ein lukratives Geschäft: Sie verschieben ihre Gewinne einfach in Länder, in denen sie weniger Steuern zahlen müssen als in den Ländern, in denen sie ihre Gewinne eigentlich erwirtschaftet haben. Laut der Oxfam-Studie "Still Broken" erreichen die Firmen zwei Drittel ihrer Mehreinnahmen dadurch, dass sie ihre Gewinne in fünf Länder verschieben: die Schweiz, die Bermudas, Luxemburg, Frankreich und die Niederlande. Allein auf den Bermudas wurden laut Oxfam 80 Milliarden Dollar Gewinn gemeldet – mehr als in Deutschland, Frankreich, China und Japan zusammen.
Der finanzielle Schaden für die G20-Staaten ist enorm. Allerdings sind die Machenschaften der US-Konzerne für ärmere Länder weitaus gravierender. Denn gerade dort sind Unternehmenssteuern enorm wichtig. Die Oxfam-Studie zeigt dies am Beispiel Honduras: Das Land könnte seine Budgets für Bildung und Gesundheit um jeweils 10 bis 15 Prozent aufstocken – wenn die Konzerne ihre Steuern korrekt bezahlen würden und ihre Gewinne nicht in Steueroasen verschieben würden. Die Forderung der Nichtregierungsorganisationen: Steuerschlupflöcher müssen geschlossen werden, international tätige Konzerne sollen verpflichtet werden, Steuerzahlungen und Einnahmen offenzulegen.
In unserer Galerie erfahren Sie, welchen Staaten durch die Tricks der Konzerne der größte finanzielle Schaden entsteht.

Platz 12: Australien
Etwa 90 Prozent der verlorenen Steuereinnahmen gehen zulasten von 12 Staaten. Einer dieser Staaten ist Australien.

Platz 11: Spanien
Spanien zählt ebenfalls zu den Leidtragenden. Durch Gewinnverschiebungen im großen Stil sollen die US-Konzerne 2012 laut Oxfam-Studie rund ein Viertel ihrer Gewinne in Länder verschoben haben, in denen sie keine oder nur sehr geringe Steuern dafür zahlen mussten.

Platz 10: Italien
In Schieflage geraten ist die Steuerpolitik unserer italienischen Nachbarn. Diese würden sich über ein paar Steuereinnahmen mehr sicherlich freuen. Und die würden dem italienischen Fiskus auch zustehen. Wären da nur nicht diese verflixten Steuerschlupflöcher …

Platz 9: Großbritannien
Am Beispiel Großbritanniens zeigt die Oxfam-Studie, dass die G20-Staaten gut daran täten, Steuerschlupflöcher zu schließen. Im Vereinigten Königreich würde es international agierenden Unternehmen zu leicht gemacht, einen Großteil ihrer Erlöse in Steueroasen zu verschieben.

Platz 8: Indien
Kein Grund zur Freude im indischen Finanzministerium. Die Steuereinnahmen Indiens sind durch die Steuertricks der US-Unternehmen im Jahr 2012 ebenfalls geringer ausgefallen als sie sollten. Das Land musste höhere Verluste hinnehmen als kleinere G20-Staaten wie beispielsweise Südafrika oder Argentinien. Der einzige G20-Staat, der nicht von den Gewinnverschiebungen der US-Konzerne betroffen zu sein scheint, ist Indonesien.

Platz 7: Mexiko
Durststrecke für die mexikanische Finanzpolitik. Auch im Nachbarstaat der USA scheint es für Großkonzerne möglich zu sein, hohe Gewinne an den Steuerbehörden vorbeizuschleusen.

Platz 6: Frankreich
Schenkt man der Studie Glauben, so sollen einige Länder in der Vergangenheit gefordert haben, dass multinationale Konzerne ihre Bilanzen offenlegen sollen – darunter auch Frankreich. Jetzt scheinen diese nur widerwillig dem OECD-Vorschlag nach lückenloser Aufdeckung aller Unternehmensdaten folgen zu wollen. Ob da eigene Interessen im Spiel sind?

Platz 5: Brasilien
Um den Machenschaften der Großkonzerne einen Riegel vorzuschieben, müsste das internationale Steuersystem grundlegend reformiert werden. Dann würde auch Brasilien nicht um Steuereinnahmen in Milliardenhöhe gebracht werden können.

Platz 4: China
Laut Oxfam-Studie könnten die Verluste für Länder wie China sogar noch höher sein: Die Organisation bekam für ihre Studie lediglich Einblick in die Bilanzen verschiedener US-Konzerne. Dass auch andere Unternehmen ihre Steuern nicht immer korrekt begleichen, liegt auf der Hand.

Platz 3: Kanada
Auch Kanada muss Einbußen bei den Steuereinnahmen hinnehmen. Selbst Länder, die über ein gut funktionierendes Steuersystem verfügen, bieten Großkonzernen offenbar dennoch genügend Möglichkeiten, einen Großteil ihrer Gewinne am Fiskus vorbeizuschmuggeln.

Platz 2: Deutschland
Die US-Konzerne erzielen in Deutschland etwa zwei Prozent ihrer Gewinne – aber sie melden lediglich 0,7 Prozent ihrer Erlöse tatsächlich bei den bundesdeutschen Steuerbehörden an.

Platz 1: USA
Nur den USA entgehen noch mehr Steuereinnahmen als Deutschland. Was wohl daran liegt, dass die in der Studie untersuchten Unternehmen allesamt aus den USA stammen und dort demzufolge auch die meisten Gewinne einstreichen – und dann eben auch höhere Erlöse ins Ausland transferieren können.
Autor: Susanne Herrenbrück